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Persönlicher Nachruf auf Papst Franziskus
Nachruf auf Papst Franziskus

Als evangelischer Kirchenbezirk Konstanz drücken wir unseren katholischen Geschwistern unser herzliches Beileid aus. Es war sehr bewegend zu sehen, wie Papst Franziskus am Ostersonntag seinen Segen gespendet hat. Man konnte spüren, dass er dazu seine ganze Kraft gebraucht hat. Mit Bestürzung haben wir heute Vormittag von seinem Tod erfahren. Möge er nun in Frieden ruhen und das sehen, was er so leidenschaftlich geglaubt hat. In ökumenischer Verbundenheit drücken wir unseren katholischen Geschwistern unsere Anteilnahme aus.

Im Jahr 2021 waren alle Hauptamtlichen des Kirchenbezirks Konstanz in Rom. Neben vielen Sehenswürdigkeiten hatten wir auch die Gelegenheit zu mehreren Begegnungen mit Pfarrer Dr. Michael Jonas - dem EKD Pfarrer an der evangelisch-lutherischen Christuskirche in der italienischen Metropole.
Er hat den Papst einige Male persönlich getroffen und blickt in diesem Artikel auf diese besonderen Momente zurück. Anbei der Artikel aus der Evangelischen Zeitung.

Papst Franziskus (siehe Foto von Andrea Calandra vom September 2024) war ein echter Menschenfreund, schreibt Pfarrer Michael Jonas.
Es gehört zu den Besonderheiten des Pfarramtes an der Christuskirche Rom, dass man regelmäßig dem Papst begegnet. Jährliche ökumenische Gebete, besondere weltkirchliche Ereignisse wie Synoden, Jubiläen oder Jugendtreffen: Bei allen diesen Gelegenheiten ist man als Vertreter der evangelisch-lutherischen Kirche eingeladen und hat meist die Gelegenheit, dem Papst die Hand zu geben und einige Sätze zu wechseln.

Ich durfte das in den vergangenen sechs Jahren immer wieder erleben: Große Aufmerksamkeit. Feierliches Protokoll. Das alles wäre ja schon etwas Besonderes. Die Begegnungen mit Papst Franziskus wären damit aber nicht ausreichend beschrieben. Er hat es bei jeder einzelnen Begegnung geschafft, auf die zwischenmenschliche Ebene zu kommen und an unserer persönlichen Beziehung anzuknüpfen. Das schafft man nicht ohne immenses Gespür und bemerkenswertes Personengedächtnis.

In meinem ersten Jahr in Rom hatte ich eine Privataudienz bei ihm, und wir redeten eine knappe Stunde über die lutherische Gemeinde in Rom, die er von seinem Besuch her kannte, und über die Herausforderungen für das Christentum in der Gegenwart. „Das war deine Sternstunde mit Franziskus.“, sagte ich mir nachher, „So intensiv wirst du nie mehr mit ihm reden.“

Als ich ihm einige Wochen später bei einer großen Veranstaltung in einer langen Schlange ökumenischer Repräsentanten wieder gegenüberstand, wollte ich ihn kurz für die Privataudienz danken. Dazu kam ich gar nicht. Bevor ich den Mund aufmachen konnte, dankte er mir für meinen Besuch und sagte, dass er sehr glücklich über unser Gespräch gewesen sei.
Er schaffte es auch in den größten Zusammenhängen, sich blitzschnell auf sein Gegenüber zu konzentrieren. Nach dem Requiem für Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz rief er die ökumenischen Vertreter spontan zu sich. „Wie geht es eurer Gemeinde?“ fragte er mich und hatte nach diesem Ereignis von weltkirchlicher Bedeutung tatsächlich Raum für einen Gedanken an uns. Dieses Interesse am Gegenüber war nie gespielt.

Bei einer anderen Gelegenheit stand ich wieder in einer Schlange von Geistlichen, die ihm, im Rollstuhl sitzend, die Hand geben konnten. Da die Schlange lang war und Franziskus müde, wollte ich mich kurzfassen. Ich sagte schnell meinen Wunsch für seine Gesundheit und wandte mich schon ab. Da ergriff er mich am Ärmel und zog mich zurück. Und dann kamen sie wieder: die Fragen nach unserer Gemeinde und nach meinem Wohl. Franziskus war ein echter Menschenfreund. Er hatte echtes Interesse an seinem jeweiligen Gegenüber – unabhängig von Stand und Konfession. Das zeichnete ihn aus.

Ich habe oft überlegt, woher diese intuitive und manchmal impulsive Menschenliebe bei Franziskus kam. Ich glaube, sie ist nicht zu erklären ohne seine Jesus-Liebe. Er hatte eine tiefe, unmittelbare und (jesuitisch) schnörkellose Beziehung zu Jesus Christus. Der Mann aus Nazareth mit seiner Menschenliebe war für Papst Franziskus Maßstab und erstes Gegenüber.
Als ich ihn am Ende jener Privataudienz noch um den Segen für einen jungen Menschen bat, faltete er ohne Zögern mit mir die Hände und sprach ein spontanes an Jesus gerichtetes Gebet. So kann man nur mit Freunden reden.

Siehe auch:
www.ekiba.de/detail/nachricht/id...
Informationen:
bis